Eine Kammermusik der Stille

veröffentlicht 17.11.2025, Dekanat Worms-Wonnegau

Mozart-Requiem in der Bergkirche Osthofen

Den Weg zur Kirche erhellten nur ein paar flackernde Grablichter, aus den umliegenden Feldern drang Nebel herauf. So wurden der Friedhof und die Bergkirche in Osthofen am 16. November beinahe selbst Teil der Inszenierung, denn seit jeher ranken sich so düstere wie fragwürdige Legenden um jenes Requiem, an dem Mozart bis zuletzt schrieb. Und doch gilt dieses unvollendete Werk als die reifste und kühnste seiner Messen, die im Genre Maßstäbe setzte. Mozarts Schüler Franz Xaver Süßmayr vollendete das Werk schließlich nach Skizzen seines Meisters.

Die Blicke der Besucherinnen und Besucher, die allmählich die Kirche füllten, richteten sich auf die neun Sängerinnen und fünf Sänger des Chores Belcanto Osthofen sowie die Pianistin Mane Davtyan. Da war viel Zeit, sich zu fragen, ob ein Werk, das so sehr von seiner farbigen Orchestrierung lebt – man denke nur an den Posaunenruf des Tuba mirum –, in der Klavierfassung und in kleiner Besetzung seine Wirkung behalten kann.

Man hätte wohl eine Stecknadel fallen hören können, bevor Mane Davtyan das Werk mit der kurzen Einleitung begann. Der Klang des verstärkten E-Pianos erwies sich als wohldosiert: präsent und erstaunlich warm. Dann endlich setzte der Chor ein und tat es mit einer verblüffenden Kraft und Geschlossenheit. Die Soprane führten die Linien mit hellem Zug, gelegentlich an der oberen Grenze, aber stets mit Entschiedenheit, der Alt klang stabil und warm, die Männerstimmen präzise und präsent. Und schon das Kyrie zeigte, dass der Chor auch die schnellen, eng geführten Abschnitte souverän meistern konnte.

Ein Gewinn des Abends waren die glänzend besetzten Solopositionen: Karin Gietl überzeugte mit einem klar leuchtenden, schnörkellos geführten Sopran, zu dem Altus Oliver May mit warmem, innigem Ton sanft kontrastierte. David Krahl sang mit natürlicher Eleganz und einer angenehmen Selbstverständlichkeit im Ausdruck, und Lorenz Miehlich ruhig-runder Bass verlieh dem Ensemble Fundament und Farbe. Gemeinsam entfalteten sie – besonders in den Ensemblesätzen – eine Ausgewogenheit, die den Kirchenraum mühelos füllte. Ihr Zusammenklang im Ingemisco war einer der klanglich schönsten Momente des Abends.

Davtyans fein austariertes Klavierspiel schuf eine kammermusikalische Transparenz, die die Architektur des Werkes deutlicher hervortreten ließ. Harmoniewechsel wurden unmittelbar hörbar, und der Chor rückte mit all seinen feinen Artikulationsnuancen in den Mittelpunkt. Das Requiem erhielt dadurch eine intime Eindringlichkeit – weniger dramatisch, dafür umso zugänglicher und unmittelbarer.

Dekanatskantor Giuliano Mameli war es gelungen, in kurzer Probenzeit erstaunlich viel Präzision, Textdeutlichkeit und dynamische Differenzierung aus dem Ensemble herauszuarbeiten. Immer wieder formte er im Konzert die Einsätze fast körperlich mit und schuf jene innere Spannung, die eine so klein besetzte Aufführung unbedingt braucht.

Am Ende standen kräftiger Applaus, strahlende Augen und das Gefühl, einer Interpretation beigewohnt zu haben, der die heikle Balance zwischen dramatischer Wucht und leuchtender Zartheit eindrucksvoll gelang. In der Dunkelheit des Friedhofs hallte das noch ein wenig nach.